Mapping the collection
Link zum Beitrag: in der WDR Mediathek bis zum 20.06.2021
Für westart vom 20.06.2020
Autor: Tim Lienhard – Kamera: Michael Becker – Schnitt: Marcel Jana Urban
Vom 20.Juni – 11.Oktober 2020 zeigt das Museum Ludwig in Köln eine Ausstellung, in der es darum geht wie sich Gleichberechtigung, Frauenrechte und Black Power in der US-amerikanischen Kunst der 60er und 70er Jahre widerspiegelt.
Das Museum Ludwig in Köln hat unter diesem Gesichtspunkt einen Teil seines Sammlungsbestandes genauer unter die Lupe genommen. Die Ausstellung „Mapping the Collection“ zeigt, was es jenseits des vertrauten Blickwinkels zu entdecken gibt und wie sehr es sich lohnt, festgefahrene Vorstellungen auch in der Kunst über Bord zu werfen.
Mich hat ganz besonders beeindruckt, was der amerikanische Fotograf John Nicholas Choate (1848–1902) in seinen beiden in der Ausstellung präsentierten Fotos darzustellen vermochte. Die ungeheuer brutal wirkende Kraft einer quasi Umerziehung indigener Jugendlicher, um sie „amerikanischer“ zu machen.
Solche „kolonialen Übergriffe“ zeigt die junge Kuratorin Janice Mitchell in ihrer Ausstellung auf, die nach einem zweijährigen Forschungsprojekt entstanden ist. Dazu der Pressetext des Museums:
„Hervorgegangen ist die Ausstellung aus dem Terra Foundation Research Fellowship in American Art am Museum Ludwig. Über einen Zeitraum von zwei Jahren widmete sich das Projekt der Sammlung US-amerikanischer Kunst des 20. Jahrhunderts im Museum Ludwig und untersuchte diese hinsichtlich postkolonialer, feministischer, queerer oder gender-theoretischer Fragestellungen.“
Was also läuft falsch? Was wird einsseitig erzählt über die amerikanische Kunstgeschichte? Alles viel zu weiß, zu männlich, zu heteronormativ?
Die Sammlung Ludwig in Köln hat sich eine Forscherin ins Haus geholt. Janice Mitchell hat kritisch durchforstet, was sich in den Beständen angesammelt hat.
Und verschiedene Leihgaben besorgt, die zumindest für die Zeit der Ausstellung die Lücken im Museum füllen.
Eindrucksvolle Videos, zum Beispiel von Howardena Pindell von 1980 „Free, White and 21“.
Eine schwarze Künstlerin verwandelt sich in eine weiße Frau. So weist sie Rassismus-Vorwürfe und Erfahrungen von sich, wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert zu werden.
Angesichts der Unruhen derzeit (2020), die den Protesten in den 60iger und 70iger Jahren ähneln, ist diese Ausstellung hochaktuell. Eine Punktlandung.
Janice Mitchell, Kuratorin
„Es ist immer ein aktuelles Thema. Also Rassismus, oder Sexismus, all diese Dinge sind einfach immer leider ein Thema .“
Auch deswegen ist Rassismus das übergeordnete Thema dieser Ausstellung. Doch es gibt nicht Klischees in Schwarz und weiß, sondern durchaus ganz überraschende Positionen. Wie eine Skulptur der afroamerikanischen Künstlerin Barbara Chase-Riboud.
Ein ganz persönliches Statement der Kuratorin , eine Entdeckung auch vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrung von Rassismus.
Janice Mitchell, Kuratorin
„Ich bin Feministin, ich bin nicht weiß und das beeinflusst die Art und Weise wie ich die Welt sehe, das beeinflusst auch wie die Welt mich sieht und mir gegenübertritt. Man wird einfach so wahrgenommen. Das ist manchmal schwierig , das ist manchmal auch nicht schön.“
Ebenfalls ein wichtiges Thema ist für Janice Mitchell sexueller Rassismus.
Mit der Foto-Serie des an AIDS verstorbenen Amerikaners David Wojnarowicz veranschaulicht sie das. Er durchstreifte Ende der 70iger Jahre New York City. Mit einer Maske von Arthur Rimbaud. Ein Underground Künstler an meist sexuell aufgeladenen Orten um den Times Square. Eine Subkultur, die heute verschwunden ist.
Mit Geschlechterrollen spielt die kubanisch-amerikanische Künstlerin Ana Mendieta. Sie klebt sich die Barthaare eines Freundes auf. Klares Statement einer Feministin.
Erfreulicherweise geht die Kuratorin auch auf das queere KünsterInnenKollekiv ASCO ein. Das führte das auf den Straßen ihres Stadtteils East Los Angeles Performances durch, fotografisch festgehalten mit der Kamera des Mitglieds Harry Gamboa.