EXIT – Florian Reinhardt
Verfügbar in der WDR Mediathek bis zum 06.06.2021
Link zum Beitrag in der WDR Mediathek
für WESTART / WDR am 06.06.2020
Bericht: Tim Lienhard – Kamera: Jürgen Meyer – Schnitt: Miriam Glaser
„Holt mich hier raus!“ – heißt der bekannte Slogan aus dem sehr populären TV- Format DSCHUNGELCAMP.
Florian Reinhardt kennt sich mit solchen Formaten aus. Er hat einige dieser Unterhaltungsserien als Produzent entwickelt. Er arbeitet seit knapp zwei Jahrzehnten auf Hochtouren fürs Privatfernsehen. Heute Malle, morgen Los Angeles und auf dem Weg liegt eigentlich auch noch Dubai.
Wer in einem solch rasanten Tempo durch die Welt rast, kommt entweder irgendwann an sein Ende, oder aber er sieht zunehmend oft EXIT Schilder… NOTAUSGANG!
„Wenn man schnell unterwegs ist in der Welt und wenn man viele Aufgaben hat, die man sich auch selber auferlegt , dann ist das mit der Geschwindigkeit, in der sich die Welt sowieso dreht, schwierig, innezuhalten und zu merken was man hat und wie gut es im Hier und Jetzt ist. Ich hab lange Zeit nicht im Hier und Jetzt gelebt.“
Sagt Florian Reinhardt im Interview in seinem Studio im Bergischen Land.
„Exit hat mir gezeigt wie das Hier und Jetzt funktioniert wenn ich es zulasse.“
„Ich war immer viel zu schnell, auch für andere Menschen viel zu schnell und zu intensiv. Mittlerweile kann ich das ganz gut steuern.
Ich drück jetzt selber auf Exit, drück stop, guck was ist rechts und links und vorne und hinten, wo will ich hin und dann geh ich einfach bewußt weiter, anstatt so getrieben durchs Leben zu laufen.“
45.000 Fotos hat er auf seinen diversen handys. Eintausend davon sind EXIT Schilder. Fotografiert in aller Welt auf zahlreichen Drehreisen.
„Ich hab lange Zeit Fernsehen gemacht und ich hab Filme gemacht, Ich hab Sachen gemacht, um Menschen zu unterhalten, aber was Wirkliches erreicht hat man nur dann wenn man Menschen etwas vermittelt, was ihr Leben positiv bereichert.“ meint Florian Reinhardt, als sei er zu der Einsicht gekommen, dass es Wichtigeres gibt als Doku-Soaps. Das faszinierte mich an Florian, diese Mischung aus E und U. Ein klassischer Konflikt. Hier die Unterhaltung, die er im Privatfernsehen liefert, da das Ernsthafte, die Kunst, zu der er plötzlich einen Zugang fand.
Denn in Miami traf Florian Reinhardt auf den Kunsthändler Rudolf Budja. Der ist begeistert von seinen Exit-Bildern. Nun fördert er ihn, stellt ihn aus. Zeigt seine Fotos auf internationalen Kunstmessen.
„Mein Ziel war es nicht, Künstler zu werden es war Zufall, dass das entstanden ist. Für mich ist EXIT eine Form von Kunst weil sie für mich den Moment stoppt und damit das Leben erträglich macht. Egal wie schwer es gerade ist.“
Ein bißchen Leichtigkeit kommt mit dem Versprechen des Kunsthändlerfreundes. Aus dem Nichts in den internationalen Kunsthandel. Mit großformatig gedruckten handyfotos auf Hochglanzpapier auf den unberechenbaren Kunstmarkt. Das hat schon was – fast etwas von Reality-TV.
Florian Reinhardt
„Ich kann das nicht beurteilen, ob das eine Künstlerkarriere wird oder nicht . Was ich weiß ist, dass diese Bilder unbewußt entstanden sind
und was ich weiß ist, dass diese Bilder jetzt da hängen wo sie hängen
in Salzburg, und in Miami gleichzeitig und in New York.“
Sehr faszinierend sind die Filme, die Florian Reinhardt gemeinsam mit Filippo Laizini zusammenstellt. Ein Bilderrausch geradezu.
Florian Reinhardt dazu: „Die Geschwindigkeit entspricht so ein bißchen dem Leben, was ich gelebt habe, nämlich total getrieben, total schnell, ohne Pause, ohne links und rechts, vorne , hinten, immer weiter.
Und um den Effekt von Exit und dem Moment dessen, dass es auch eine Ruhe gibt, wenn man sich die denn gönnt und im Hier und Jetzt ist, ist dass wir ein Bild in den Hintergrund abgedimmt, abgesoftet gelegt haben, was dann dem jeweiligen Kunstwerk entspricht, das heisst, der Film ist sehr sehr schnell, wenn man sich nicht konzentriert und fokussiert und wenn man sich fokussiert, dann hat man den Effekt, dass dass eigentliche Kunstwerk wahrgenommen werden kann.“
„Das Exit Schild an sich ist ein Detail, was ich angefangen habe, wahrzunehmen, von dem ich aber glaube, dass es ganz viele Menschen nicht wahrnehmen.
Genauso wie das in unserer Zeit in der Schnelllebigkeit immer der Fall ist, dass viele Details von Menschen nicht mehr wahrgenommen werden, sondern einfach da sind.“
„Wir laufen durch die Welt und nehmen nicht mehr wahr, was so um uns rum ist. Wir sind immer dazu da, zu funktionieren, wir sind fremdgesteuert, wir haben keine Möglichkeit selbst zu entscheiden, weil wir agieren und das dann gut machen wollen und wo sind denn dann die Details? Die gehen flöten.“
„Stop! Also für mich war das kein Notausgang, sondern für mich ist das Fotomachen so geil, weil ich einfach selbst ohne eine Restriktion einfach machen kann, worauf ich Lust habe.“
Eine kreative Exitstrategie ist das. Es wird sich zeigen, ob sich Florian Reinhardt damit behaupten kann. Diese Erkenntnisse haben für den leidenschaftlich mit seinem handy fotografierenden Florian Reinhardt seine Sicht auf das Leben verändert:
„Exit bedeutet, dass Du Entscheidungen triffst ganz bewußt, Sachen loszulassen.“
„Wenn Du Sachen nicht loslassen kannst, tun sie dir oft ganz böse weh und man verrennt sich.“
„Exit ist eine bewußte Entscheidung , Dinge zu beenden, die einem nicht gut tun.“
„Exit bedeutet Fortschritt, nicht Stillstand.“
„Freiheit, das Leben so gestalten zu können, wie man das am Ende möchte.“